Begrüßung auf dem Bahnsteig

Die Dreharbeiten sind aufwendig, nehmen recht viel Zeit in Anspruch. Den ganzen Tag über ist das Team des Südwestrundfunks (SWR) mit Markus Mann unterwegs: Scheuerfeld, Steinebach, „Schwedengraben“, Bindweide, Rosenheimer Lay, Weitefeld und schließlich das WWP-Firmengelände in Langenbach sind die Stationen, die die Fernsehleute besuchen und an denen sie Szenen für ihren geplanten Beitrag des Magazins „natürlich!“ filmen. Der greift die Pläne der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) auf, die entwidmete Strecke der „Westerwaldbahn“ über den Bahnhof Rosenheimer Lay hinaus zu reaktivieren, um darauf im Sägewerk des Unternehmens benötigtes Rundholz per Zug zu transportieren.

Kamerafrau Tarja Kühne dreht das Eintreffen des Holzzuges am Bahnhof Bindweide.

Der Bahnhof Bindweide ist heute ein moderner Betriebshof der „Westerwaldbahn GmbH“, die dort Werkstatt und Waschstraße für Busse und Schienenfahrzeuge sowie Büros betreibt. Auf den Gleisen neben den Gebäuden kommt – beobachtet und eifrig fotografiert von einer Handvoll „Train Spottern“ – gerade eine rot-schwarze Lok der Baureihe 215 an. „Für Steilstrecken zugelassen“, steht an der Seite der gut 16 Meter langen Zugmaschine. Im Schlepptau hat sie zwei Rungenwagen, die mit Rundholz für die „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) beladen sind. Die Lok hält an, aus dem Führerstand steigt „natürlich!“-Moderator Axel Weiß aus und wird vom ihn bereits am „Bahnsteig“ erwartenden Markus Mann begrüßt…

Die (gestellte) Szene ist eine des am Ende zwischen sieben und acht Minuten langen Films der Sendung, laut ARD-Selbstdarstellung „das Umwelt- und Naturmagazin für den Südwesten – macht Lust auf Natur, bietet faszinierende Einblicke, gibt nützliche Tipps und beschäftigt sich auch mit dem, was unser Ökosystem bedroht.“

Mit Philippe Lamielle (links) sucht Redakteur Henning Winter den richtigen Blickwinkel für die kleine Kamera, die außen an der Lok befestigt werden soll.

Der Klimawandel, verursacht vom viel zu hohen Ausstoß an CO2, ist zweifelsohne eine ökologische Bedrohung. Das Vorhaben der WWP, Rundholz deswegen künftig nicht mit Lastwagen, sondern auf der Schiene zum firmeneigenen Sägewerk liefern zu lassen, gilt als Klimaschutzmaßnahme, da der Transport per Lkw siebenmal mehr CO2-Ausstoß bedeutet als der mit dem Zug (die „Wäller Energiezeitung“ berichtete).

Nein, geeignete Inhalte für „natürlich!“ zu finden, sei grundsätzlich überhaupt nicht schwer, erläutert Henning Winter, Redakteur der Sendung und Teil des Teams im Westerwald. Und auch, wenn die in „natürlich!“ aufgegriffenen Themen wie der Klimawandel einen ernsten Hintergrund haben, sei es wichtig, dass die filmische Umsetzung stets attraktiv und optisch toll sei: „Was bringt es, wenn die Leute abschalten, weil ein Beitrag langweilig ist?“, gibt Winter zu bedenken. „Dann bekommen wir die Botschaft ja nicht rüber!“ Zudem sei „natürlich!“ letztlich auch ein Unterhaltungsformat.

Für dieses ist eine Kernmannschaft von etwa 30 Menschen beim SWR aktiv. Hinzu kommen Kamera- und Tonleute (die häufig als „Freie“ tageweise für die jeweiligen Beiträge gebucht werden) sowie „Cutter“, die den Schnitt des Rohmaterials erledigen.

Julian Cleff ist beim Beitrag über das Bahnprojekt der WWP als Tontechniker dabei, Philippe Lamielle als Kameramann, seine Kollegin Tarja Kühne als Kamerafrau, Tonmann und Kameraassistent Solaiman Kabir komplettiert das Team. Zusammen mit Moderator Weiß und Redakteur Winter diskutieren sie den ganzen Tag über immer wieder Details der richtigen Einstellung, die Inhalte der Gespräche, die der Moderator mit Markus Mann führen oder wo genau die Lok der 215er-Baureihe anhalten soll, wenn Axel Weiß aussteigt. Wohin kommt die anklebbare „GoPro“-Kamera? Besser oben auf einen der Holzwaggons oder lieber seitlich an die Lok, um eine spannende Perspektive zu erzielen?

Henning Winter schildert, dass die Fernsehmacher aufgrund der heute sehr umfangreichen Medienforschung recht gut wissen, was der Zuschauer mag. Gleichwohl räumt der SWR-Redakteur ein, dass es trotz aller Daten immer wieder Überraschungen gebe. Zudem stammen die „natürlich!-Beiträge aus beiden Bundesländern, in denen der SWR als öffentlich-rechtlicher Landessender zuständig ist. „Die Erfahrung ist, dass es Themen gibt, die in beiden Bundesländern gut funktionieren, der Borkenkäfer oder der Wolf zum Beispiel“, führt Winter aus. Dann wieder gebe es Inhalte, die nur in manchen Regionen Anklang finden.

Damit die fertige „natürlich!“-Folge, in der das WWP-Bahnprojekt vorgestellt wird, ebenfalls ein Thema aus Baden-Württemberg enthält, reisen die Fernsehmacher zwei Tage nach den Dreharbeiten im Westerwald nach Baden. Dort soll es um die Waldschnepfe gehen, die als einziger heimischer Watvogel nicht Gewässernähe, sondern Wälder als Lebensraum bevorzugt.

Irgendwie schließt sich da ein Kreis, denn der Wald, beziehungsweise die durch Trockenheit und Borkenkäfer verursachten Schäden dort liefern ja überhaupt erst den Anlass, dass die WWP den Rohstoff Holz inzwischen aus größerer Entfernung als früher beziehen müssen. Und das künftig eben am besten per Eisenbahn.

Uwe Schmalenbach

(Die Ausgabe der Sendung „natürlich!“, in der der Bericht über das Vorhaben zur Reaktivierung der Bahnstrecke zu sehen ist, wird am 16. Mai 2023, 18.15 Uhr, im SWR gezeigt.)